Nach den schönen Tagen in La Rochelle tat sich ein optimales Wetterfenster für die Weiterfahrt auf – gemäßigte Winde, wenig Dünung. Dies wollten wir nutzen um die Ecke an der Biscaya zu kreuzen.
Morgens in der Dämmerung verließen wir La Rochelle. Knapp 200 Seemeilen lagen vor uns, geplant mit etwa 36 Stunden Reisezeit. Und der Tag begann mit schwachem Wind bis weit über den Mittag hinaus. Erst nachdem wir weiter vom Land entfernt waren kam der Wind etwas stärker und aus einem besseren Winkel. Trotzdem mussten wir auch wegen der Wellen einige Halsen vor dem Wind kreuzen.
Gegen Abend dann setzte die erwartete Drehung des Windes ein. Er hatte jetzt auch auf gute 4 Bft zugelegt, die Fahrt wurde schneller.
Die Nacht kam früh, nach einer kurzen Dämmerung war es schon kurz nach 20 Uhr dunkel. Bis Mitternacht glitzerte das Wasser noch durch den fast-Halbmond. Nachdem dieser untergegangen war spannte sich der Sternenhimmel prächtig über dem Meer auf. Kein Streulicht störte. Und wir kamen zügig voran. Erstmals störten auch keine Fischer unseren Kurs, wir haben keinerlei Boote gesehen – wir waren allein unterwegs. Ein neues Gefühl.
Gegen Morgen hatte der Wind nochmals zugenommen. Im ersten Reff fuhren wir immer noch 6-7 Knoten aber wesentlich ruhiger.
Am frühen Nachmittag konnte man im Dunst dann die Konturen des spanischen Festlandes erkennen. Gegen 19 Uhr dan hatten wir die 3 am (!) durch den Hafen von Getxo geschafft, wir lagen am Steg in Spanien. Etwas müde aber zufrieden waren wir bald in der Koje um uns dann auf die Besuche in Bilbao vorzubereiten.
Mit Les Sables haben wir die Region der Schieferdächer und grauen Steinhäuser endgültig verlassen, weißgekalkte Häuser mit Ziegeldächern zwischen den dunklen Kiefernflächen sehen von fern aus wie Salzränder. Les Sables ist aus drei Dörfern zusammengewachsen und nach erfolgreicher Durchführung gemeinsamer Schulprojekte zusammengelegt worden- – mal wieder zeigen die Franzosen, dass sie rationale Entscheidungen erproben und umsetzen können. Entsprechend gibt es einen Kern mit Fischerdorf Charakter, eine klassischeStrandpromenade und einen Werftbereich. Der Stand von les Sables ist nur kurz, aber von der ungeheuren, leeren Weite der Atlantikstrände._ nasser, fester,glatter Sand, Brandung, Meer, aus, klar und hart und leer bis auf die zischend Linien schneidende Kiter. Der Segler-Hafen liegt zwischen Werft und Altersheim, es kommt Florida – Gefühl auf. Mir ist mittlerweile aufgefallen, dass man die Häfen fast nach ihren Waschsalons charakterisieren kann: Pornichet hat im Untergeschoss der Hafenmeisterei eine Waschmaschinen- Trockner Kombination, die eigentlich nur für Notwäsche taugt- hier wäscht nur der eventuelle Passanten-Segler. Les Sables hat eine Batterie von Maschinen, zweistockig- hier müssen Mengen von Crews durchgeschleust werden, Le Havre verweist auf die vielen Waschsalons der Stadt, Texel hatte die besten Trockner- staubtrocken nach 45 Minuten- klar bei dem Schietwetter, das dort lange Wochen hängt, Kerteminde war gut organisiert mit Listen und Timeslots, dänisch mit gut organisierter Kooperativität..
Weiter nach La Rochelle bei gutem Wind, schönster Sonne und ziemlicher Dünung. Wir sehen zunächst die Industriehafenfront: Silos, Gewerbebauten, Steganlagen. Auch am Samstag haben wir wunderschönes Wetter: nachts klar, morgens kalt, ab Mittag warm und strahlend. Die Innenstadt ist weit – es gibt aber eine Velostation. Schönes historisches Stadtbild, tout le monde beginnt das Wochenende mit Brunch an der Promenade, flaniert durch die Strassen, in denen sich schon die Restaurants fertig machen für den großen Ausgehabend, im Hafenbereich findet Straßentheater statt, das zahlreiche Publikum macht willig und begeistert mit. Wir sehen eine größere Demo gegen den pass sanitaire, die Begrüßung der jungen Marinerekruten, nach dem Tag auf See ist die Schaulust groß. Am View Port beobachtet Jürgen voller Spannung, wie die Boote bei der heftigen Spring-Ebbe tief in den Schlamm sinken, nur eine Handbreit Wasser um den Kiel herum, Schlieren und Schlammfahnen bilden sich, bis die Flut einsetzt. Ich schaue den Uber-Eat Veloboten zu, die in der Nähe der Restaurants warten, um möglichst einen Auftrag ergattern zu können. La Rochelle hat eine Größe, die auch flamboyante Personen zulässt- wir beobachten ein dunkelgekleidetes Paar, Lederoutfit und Cowboystiefel, zwischen ihnen watschelt eine zahme Ente, die Frau motiviert das störrische Tier und erläutert den Umstehenden, es wäre eben ein Tier mit Charakter.
In einer Straße mit vielen kleinen netten Geschäften haben sich die Tage der Wissenschaft mit unterschiedlichsten Aktivitäten aufgestellt, nächste Woche ist Jazz Fest. Ich habe nichts zum Anziehen, was natürlich nicht wahr ist, aber der Ausdruck dafür, dass eine Häutung ansteht, ich weiß aber noch nicht, was darunter zum Vorschein kommen soll. So schaue ich Schaufenster an, und probiere in Gedanken, ob so gekleidet mich in den nächsten Wochen wohler fühlen würde. Aber was ist da los? Geschäfte gleicher Marke haben in unterschiedlichen Städten die gleichen Schaufensterdekorationen, soll das etwa heißen, dass es nur genau diese Kombination gibt? Ist das ein Ausdruck der ökonomischen Bedingungen des Franchise-Geschäfts oder ein Ausdruck der Outfit-Normierung für Französinnen? Es wird sich erledigen, denn das Wetter ist aber grade stabil und gut für die nächste Etappe.
Nach einer Woche in Pornichet mit mehreren Tagen Starkwind war es Zeit die nächste Etappe anzugehen. Leider war der Wind etwas erschöpft. Der Wetterbericht hatte mit 2-3 Bft schon fast etwas übertrieben, als der Blister windschwach zusammenfiel war klar – es bleibt heute beim Motor. Zum Glück liessen die anfänglich etwas unstrukturierten Wellen bald nach und mit sonnigem Wetter ging es nach Le Sable d‘Olonne, Mekka der Segler. Anfrage beim Hafen zu den Öffnungszeiten des Hafenbüros – bis November 24hr am Tag!
Bei der Ankunft anmelden per Funk, dann an den Steg vor dem Hafenbüro. Mit Der Anmeldung wird dann der Liegeplatz zugewiesen – bei uns I1062, Finger anlegen mit Steuerbord, hier ist der Hafenplan. Vorbei am Vendée Globe Steg finden wir unseren Liegeplatz in dem Hafen mit über 1100 Liegeplätzen. Offensichtlich gut organisiert.
Le Sable d‘Olonne lebt Segeln. Kein Geschäft, das nicht Hinweise aus Vendee Globe, Mini Transat oder das nächstes Jahr startende Golden Globe Race hat. Um die Marina Werften, der Weg am Hafen hat Zubehörladen and Zubehörladen, hier bekommt man Alles. Bei uns am Steg eine Ovni 400, deutscher Name, deutsche Flagge – gerade neu abgeholt von gegenüber. 6 große Katamarane warten auf Übergabe, der 51 Fuß Beneteau wird gerade gewassert.
Am Steg bereiten sich mehrere Yachten auf den Start der Transat Jaquel Vabre Anfang November in Le Havre vor. Einer der großen Trimarane hat schon in Pornichet neben uns, der Servicewagen mit Werkstatt stand am Kai.
Man kann sich dem Feeling kaum entziehen und macht Pläne für die nächsten Etappen: La Rochelle
Ordentlich Dünung von hinten auf der Fahrt und achterlicher schwacher Wind- zusammenfallende Segel und Bullenstander..grrrh.
In Pornichet sind wir erschlagen vom Blick auf den Strand: dicht gedrängte große Appartmentblöcke, nach Knokke haben wir nicht mehr solche Appartmentwälle als Seefront gesehen, einzig eine gebaute Gischtwelle in etwa der Mitte der Promenade sticht heraus, Später sehen wir, dass hinter der ersten massiven Appartmenthausreihe alte Villen stehen, in unterschiedlichsten Formen und Erhaltungszuständen. Dazwischen edle Geschäfte in La Baule, Maccarons vom Feinsten.
Es ist heftig Wind angesagt, wir bleiben und fahren nach Saint Nazaire und Nantes, Saint Nazaire war der große Mittelamerika – Hafen an der Atlantikküste, heute ist hier noch die STX Werft, die die Queen Mary 2 gebaut hat und imstande ist, pro Jahr eines dieser Kreuzfahrgiganten zu bauen. Industrieviertel mit den Zulieferfirmen reihen sich aneinander, Vor vierzig Jahren bin ich über die Loire gefahren, es war unheimlich, den Berg hoch in die Luft zu fahren und dann in 50 m Höhe über die unglaublich breite Loiremündung zu fahren. Diesmal bleiben wir auf der Nordseite des Ufers, nur ab und an kann man zwischen den Industriehalten oder Häuserreihen (zum Teil melancholisch grau wie in alten Jean Gabin Filmen) einen Blick auf den Fluss erhaschen, leider- in meiner Erinnerung war der Fluss ein langsames grünes Strömen, mächtig und gleichzeitig sanftmütig, in seiner eigenen Zeit und seinem eigenen Raum sich ausbreitend. Nantes war im Mittelalter die Kathedrale und Kirchen, Hafenstadt und Sitz der Bretonischen Könige in der Burg, später dann Revolution grausame Behandlung der Royalisten (chuans, nach dem Käuzchenruf, mit dem sich die Bretonen untereinander verständigten) und eine prächtge klassizistische Stadt mit Stadttheater, und Boulevards durch gewiefte Investition und Spekulation. Die Industriealisierung hat die LU Fabrik zur Stadt der PetitBeurre-Kekse (das Äquivalent der Leibnizkekse) gemacht, mit einer Stadt in der Stadt gemacht, fast wie die Wonka Stadt von Tim Burton, , die den Keksgeruch über die ganze Stadt verströmte. Prächtige Passagen boten in Luxusgeschäfte die Waren der Kolonien an, die Präsentation in der Fülle der Schaufenster ist damals ein Mittel des Vergleichs der Waren ohne die Verbindlichkeit eines Eintretens in den Laden geworden. Lange Zeit muss es Sklavenhandel gegeben haben : Waffen und Stoffe wurden nach Afrika gebracht und dort gegen Zucker und später Kautschuk verkauft. Im zwanzigsten Jahrhundert beginnt die Deindustrialisierung. Nantes nimmt eine wichtige Rolle in der Bewegung der Mairevolte 1968 ein. Heute ist die Ile de Nantes, auf der früher die Werftbetriebe waren, eine Wohn- Kultur und Büromischung wie auch in Malmö oder Oslo.
Das Musee des Arts ist zweigeteilt: ein klassischer Teil und ein moderner Kubus, nach der sehr schlichten Auswahl von Brest sind wir begeistert über die Fülle und Schönheit der Bilder und Skulpturen. Jedes Bild wird mit einem ausführlichen Text erläutert, sehr französisch strukturiert: Aufbau, Inhalt, Einordnung, sehr anregend. Es gibt viele Bilder aus dem späten 19.Jahrhundert, in dem die Bretagne wohl der meistgemalte Landstrich Europas war.
Leider regnet es heftig, ich verstehe nun die Schaufenster mit schicken Trenchcoats und Gummistiefeln in fashionablen pattern. Auf dem Boot erwarten uns gut 43 Knoten Wind im Hafen, die Persenning ist gerissen. Bei anderen Booten schaukelt das Dinghy wie ein Flaggen am David. Der Hafen liegt in einer durch eine Felskette, die teilweise unter Wasser liegt, geschützten Bucht, die richtigen Wellen werden sich dort draussen schon gebrochen haben, so ist das Wasser grünlich trüb mit Sand und Schlamm durchwirbelt, darüber grauer Himmel, harter Regen und viel Gischt und Salz in der Luft. Die Aussichten sind nicht stabil, vermutlich bleiben wir noch länger, bis sich wieder ein Fenster ergibt.
So machen wir einen Ausflug nach Batz sur Mer und Croissic, Steilküste mit ordentlich Wellen nach der stürmischen Nacht und Salzwiesen der Guerande. Nachher lese ich, dass das Stück von La Baule bis zur Steilküste im 19. Jahrhundert eine Sanddüne war, die wie auch weiter südlich die Landes durch Bepflanzung stabilisiert wurden, bevor sie parzelliert und von Investoren erschlossen wurden. Kurz stelle ich mir vor, dass, wäre die Baumsetzung nicht erfolgt, Croissic als Riff mitten im Wasser vor den Monts Arret liegen würde. Immer noch wird viel Sand von La Baule von der Strömung weggetragen, mit dem Klimawandel wird der Kampf auch hier härter werden.
Ich bin insgesamt begeistert, wie gut die Orte, die wir bereisen, erschlossen sind: In Lorient zum Beispiel waren 5 Touren im gesamten großen Agglomerationsbereich vorgeschlagen, mithilfe derer die unterschiedlichen Regionen erwandert werden können, an vielen Stellen sind Materialien vor Ort alsTafeln mit Bildern und Hinweisen angebracht, ich empfinde es nicht als Zeichen einer Demenz (überall post its mit Alltagshilfen), sondern einer Lesbar-Machung der Gegend, so zum Beispiel gibt es eine Wanderung in Roskoff zu Quellen und Waschplätzen der Gegend.
Von Luctody geht es im gemütlichen Tempo nach Lorient wo wir in der Marina Kernevel festmachen. Eine der zahlreichen Marinas in Lorient und nähester Umgebung. Die angekündigte Kaltfront kommt in der Nacht mit dem angekündigten Wind bis 7/8 BFT, ist aber auch schnell durch.
In Lorient dreht sich alles ums Segeln. Schon auf der Fahrt überholen uns 2 Pen Duick Yachten. Diese hatten wir schon in Cherbourg und wieder in Brest gesehen. Diese Yachten – es sind 5 aktuell – gehören zum Verein Eric Taberly, einem renomierten Hochseesegler (Nationalheld), dem heute in der Cite de la Voile Eric Taberly ein gut gemachtes Museum gewidmet ist. In der Nachbarschaft die alten Bunker hdeute teilweise als Konzertsaal genutzt. Das U-Boot kann besichtigt werden. Gleich dran ist Lorient LaBase, eine Marina für die Profisegler, von denen einige hier auch ihre Hallen haben. Hier liegen die Rennmaschinen der Vendee Globe und anderer Regatten – man konnte ungehindert am Steg daran vorbeilaufen. Heute Morgen haben wir dann LinkedOut und Corum auch zum Testen auslaufen sehen – schon interessant dies aus der Nähe zu sehen.
Am Abend dann passiert der Kreuzfahrer unseren Liegeplatz in knapper Entfernung. Frachter kommen und gehen, auf der Mündung ist ordentlch Betrieb, da wird auch schon mal kräfig in Horn gestoßen um zu Warnen.
Port Louis mit der Zitadelle wirkt etwas ruhig nur die Schulkinder der verschiedenen Schulen bringen leben in den Vorort.
Lamgsam verlassen wir jetzt die Bretagne, morgen geht es dann weiter Richtung Süden. An der Wettervorhersage merkt man – das Wetter wird instabiler.
Roscoff Aber Wrac´h: Früh in der Morgennässe aufbrechen, mit der Strömung. Wieder überqueren wir unterseeische Riffe, die sich an der Oberfläche durch deutliche Verwirbelungen und kabbelige Wellen abbilden. Die Einfahrt nach Aber Wrac´h führt durch dunkle Felsspitzen, an denen sich die Dünung bricht. Drinnen ein beschaulicher Ort, eine Abbaye mit Waschplatz für die Leinenwebereien. Beim Aufbruch m Morgengrauen sehen wir noch den Leuchtturm auf der Ile de Vierge und gegenüber den Mon, unter tief hängenden Wolken fällt dramatisch das Morgenlicht aif den riesigen Leichtturm- ein Votivbild. Um die Ecke der Bretagne und in den Chenal du Four, hier liegt das Übungsgebiet des SKS- Kartenaufgaben, weil die Tidenunterschiede und Strömungen so groß sind, dass das Rechnen sich lohnt und Werte im Bereich von 1 bis 10 vorkommen. Wir schweben auf Dünung bei null Wind, eine Delfingruppe begegnet unserem Motorentuckern neugierig. Beim Phare St Mathieu haben wir den Ärmelkanal verlassen. Im Hafen von Camaet begüßt uns wieder einmal ein Seehund, seitdem denke ich, dass er brennende Augebekommt, wenn ich zuviel Spülmittel beim Abwasch verwende. Camaret sur Mer ist Wandertreffpunkt für die Herbstsaison ausnutzenden Senioren (GR 34), die Promenade ist eine pittoreske Front von Pubs, Restaurants und Brasserien, viele machen Urlaub oder haben schon geschlossen. Die Häuschen dahinter bilden enge Gassen, anscheinend können Künstler hier den Sommer günstig wohnen und ihre Arbeiten ausstellen. Wir fahren mit dem Bus im Morgengrauen nach Brest, es ist neblig. Brest ist dominiert von den Marinehäfen für Handels und Kriegsmarine, Kasernengebiete umrunden die Stadt, die Häfen sind mit Zäunen abgeriegelt. Aktuell tobt in den Zeitungen die Empörung über den geplatzten Vertrag mit Australien bezüglich der Lieferung von U-Booten im Wert von 54 Mrd Euro, Frankreich hatte sich eine strategische Einflussnahme im australpazifischen Raum erhofft. Viele, die den Deal vorbereitet haben, werden hier leben und arbeiten. Auf den Flächen zur freien Meinungsäußerung (Plakatierflächen) viele Zettel mit streng sozialistischen Parolen. Die Ateliers de Capucins, den großen Hallen, in denen im 19.Jahr am Hafen in Maschinenfabriken gearbeitet wurde, befinden sich in Umgestaltung, aktuell fahren Leute Inline-Skates auf den großen polierten Flächen, Mädels üben Dance Moves, es können Workshops abehlaten werden, ein open space im Umbruch. Macron hat eine große Initiative zur Cybersicherheit angekündigt, hier hängen Slogans, die entrepreurship und Gründung von Tech-Start-ups ermutigen. Im Musée des Beaux Arts ist die Billet-Maschine kaputt, so erhalten wir eine auf Papier ausgedruckte und dann sorgfältig für uns mit der Schere ausgeschnittene Eintrittskarte die Ausstellung zeigt lokale Kunst.. Auf der Fahrt zurück mit dem Bus kommen wir an den Bunkern für die französischen Atom-U-Boote vorbei, riesige Hallen ohne Fenster, sehr solide Sicherheitszäune mit Wachtürmen, alles auf google earth verpixelt.
Nach Loctudy müssen wir motoren,- an der Pointe du Raz vorbei, Trotz der Windstille erreichen wir 10 kn und können die Strudel schön als rosenartige Wasserbilder sehen, einmal lösen sich aus solch einer Rose erst dreieckige Strukturen und dann sehen wir Weißflankendelfine sich herauslösen. Loctudy liegt wie in einer Lagune, die Odet mündet hier nach letzten Mäandern, die von großen Herrenhäusern gesäumt sind, Reichtum, vermutlich aus Konservenfabriken, mit großen alten Zedern. Vor dem Hafen große Crevettenfarmen, der Ort zeigt, dass er sich entwickelt, im Oktober soll es eine Bürgerbeteiligung geben.
Wir tanken noch einmal zollfrei und beginnen die Fahrt in Richtung Roscoff in schönster Abendstimmung bei leichtem Wind, sonnig liegt das Meer. Dünung trägt uns sanft und dank Tidenstrom kommen wir auch mit wenig Wind elegant in die Nacht. Der Mond begleitet uns bis kurz nach Mitternacht, da der Herbst naht, bleibt es nach Monduntergang noch lange völlig dunkel. Die Sonne kämpft sich gegen acht durch die Wolken. Zum ersten Mal erlebe ich Atlantik-Dünung, in weiten Schwüngen hebt und senkt sich das Meer. In Roscoff empfängt uns ein riesiger weiter Himmel, mit dem speziellen Licht und der Transparenz eines Herbsttages, der morgens alle Feuchtigkeit mit dem Tau der Erde anheimgegeben hat. Der Ort selbst ist sehr bretonisch, graue Feldsteinhäuser mit Fensterfassungen aus großen Granitecken, Creperien, Fruits de Mer, Sehr nett und proper, ein alter Hafen (fällt trocken), einem typischen enclos parois, einem Kirchhof, der mit der Kirche auch ein Beinhaus und den Kirchgarten umfasst. Die neue Marina ist schick, mit Brasserie und Restaurant. Ein paar Schritte weiter ist ein exotischer Garten mit Palmen. Eine Gruppe von Jungs hängt herum, ich denke Illegale, sie schnorren eine Dusche und einen warmen Platz in den Sanitäranlagen, laden die Handies auf, aber sie sind extrem sauber und unauffällig. Wir fahren mit dem Bus nach Morlaix, einer ehemals wichtigen Hafenstadt, deren Blütezeit im 16. Jahrhundert schöne Häuserfronten und Plätze mit Fachwerkhäusern hinterlassen hat. Der Hafen versandete, im 19. Jahrhundert wurde ein Aquädukt quer durch die Stadt für die Eisenbahnstrecke Paris-Brest – heute undenkbar, aber mir imponiert der damalige Glaube an die Zukunft. Lange, bis 2004 war eine große Tabakfabrik des Staatlichen Tabakmonopols in Morlaix, man merkt, dass die Stadt unter der Schließung gelitten hat, aber es ist Markt und die Cafés sind belebt, es gibt junge Läden und Initiativen, vor der Stadt fährt der Bus durch eine Reihe von großen Läden (Baumarkt, drive In, Maschinenparks), das findet in den engen Gässchen keinen Platz. Vor Jahrzehnten war ich in der Bretagne, ich erinnere mich an endlose Strecken auf kleinen Straßen, fast Hohlwegen, aufgescheuchte Elsterndruiden, jetzt fährt der Bus von Dorf zu Darf über eine vierspurige Nationalstraße- es geht also weiter. Vom Bus aus kann ich ab und an einen Blick über die Bucht von Morlaix erhaschen, auf dem Wasser Segler zwischen den steinigen Inseln, auf den Hügeln blauer Kohl, grüngraue Artischocken, dunkelgrüne Zwiebeln, dazwischen kunstvoll durchbrochene graugranitene Kirchturmspitzen.
Mit den Rädern fahren wir nach St. Pol de Leon, ein kleiner Ort mit zwei riesigen Kirchen, ehemaligen Klosterschulen und Ursulinenkloster.Zwar geht es rauf und runter, aber ich freue mich an dem Blick über die Bucht, den Geruch nach Nesseln und Kapuzinerkresse, den Feldern mit Kürbissen und zartlila Disteln. Es ist wirklich La France Profonde, das tiefe Frankreich mit seiner sonntäglichen Spaziergangsstimmung.
Der Schwell an der Mooringboje übt das Kochen mit Welle: ich muss das Kardangelenk nutzen. Am Morgen werden wir zum Testen abgeholt, sehr freundlich, aber das Traveltracking System ist e twas undurchschaubar. Die Proben sollen nach Guernsey geflogen werden, aber der Flieger sei die Tage unregelmäßig gewesen. Ich ahne Unbill, denn so richtig hatte ich mich nicht auf mehrere Tage Ankern vorbereitet. Das Einreiseformular fragt nach Frischprodukten (Kartoffeln, Fleisch, Fisch..) wir machen uns dran, die Kartoffeln zuzubereiten, damit wir sie nicht abgeben müssen. Was wir sehen können von der Bucht ist: Festungsanlagen aller Besatzungen die hier jemals waren, Engländer, Deutsche. Wir sehen Steinbruchstufen, über die etwas Gras gewachsen ist, ein paar Häuschen und warten. Vielleicht ist es in einer Karibikbucht ähnlich: man liegt im Grünen, man kann baden, man kann schauen, und manchmal gibt es einen Landepunkt oder auch nicht?
Wir warten, und warten, der Schwell ist erheblich, die Leinen ächzen. Immer wieder fragen wir nach- die Melodien der Telephonleitungen kann ich mitsummen, wir liegen drei Nächte vor Boje. Sonntag trinken wir den letzten Kaffee und, nachdem die Hotline sagt, dass die Ergebnisse nicht gefunden werden und wir möglicherweise den Prozess neu starten müssen, stimmen wir mit Port Control ab, dass wir das Boot nach Guernsey verlegen.
Wir motoren bei völliger Windstille also nach Guernsey und werden dort an den Quarantäneponton eskortiert. Montagmorgen, die Batterien nur noch halb voll, Supermarktlieferung an den Pier wäre erst am nächsten Tag möglich, Kaffee alle. Noch einmal rufen wir an und da, endlich die erlösende Nachricht, der Test ist negativ. Und wir haben noch mehr Glück, das Sill ist noch passierbar und wir können an die regulären Besucherstege in Viktoria Marina. Selten habe ich eine Steckdose so willkommen geheißen. Wir bekommen den Sticker „certified“ vom Hafenmeister vorbeigebracht.
Müll wegbringen können! Einkaufen! In der Cooperative sind die Regale voll, Jürgen zeigt mir dazu die Bilder aus den Nachrichten zu Britischen Supermärkten mit leeren Regalen- dort fehlen die truckdriver aus den osteuropäischen Ländern. Und dann Guernsey erkunden: Very British indeed, Linksverkehr, Pubs mit Hohlmaß Pint. Anders als in Helgoland wird die Steueroase nicht durch übermäßig viele Parfümerien und Wiskeygeschäfte sichtbar, sondern durch prächtige Gebäude von National Westminster Bank und Price Waterhouse Coopers. Es gibt einen Immobilienmarkt für lokale Bewohner und einen offenen Immobilienmarkt für die anderen, enterprise und entrepreneurvisa .. Wir fahren mit dem Bus einmal um die Insel herum: im Süden die edlen Häuser mit großen Grundstücken, im Westen mehr Badebuchten in denen unverdrossen Kaltwasserschwimmer unterwegs sind, Wassersport jeder Art und Ferienappartments, im Norden dann die Erdöltanks für die lokale Energieversorgung, ein vergessener Hochhofen. Früher haben die vielen Gewächshäuser die Tomaten- und Gemüseversorgung gesichert, nun sind viele im Verfall begriffen (man darf sie nicht niederreissen), die Tomaten kommen aus Malaga oder Neuseeland. Ob sich das wieder ändert nach dem Brexit? In der Kirche ist der Spendentopf durch ein digitales Bezahlgerät ersetzt. Wie organisiert sich so eine Insel mit 800 jähriger Selbstständigkeit und roundabout 70.000 Einwohnern im Staat und Steuerfreiheit für Unternehmen, keiner Mehrwertsteuer? Lohnsteuer wird einbehalten.
Nach genauer Planung zur Umgehung der berüchtigten Verwirbelungen am Kap La Hague sind wir bei schönen Wetter mit entsprechender Unterstützung des Tidenstroms in einer zügigen Fahrt – in der Spitze 10kn über Grund -in Alderney angekommen. Am Kap La Hague treffen 2 Tidenströme aufeinander, die zu heftigen Verwirbelungen und Wellen führen können. Insbesondere das sogenannte Alderney Race kann mit bis zu 10 Knoten laufen. Da sind schon ordentliche Wassermassen unterwegs.
Die notwendigen Formulare waren ausgefüllt, die Tests bezahlt. Aber schon beim Einlaufen in den Hafen kam durch Port Control die enttäuschende Nachricht, dass das Ergebnis der Test 2-3 Tage dauern könnte, das hatte auf den Web-Seiten anders geklungen, eher nach Stunden. Jetzt liegen wir zunächst an einer der reservierten Quarantänebojen und dürfen nicht an Land bis die Ergebnisse unserer Test da sind.
Da Alderney zu Guernsey gehört und morgen ein gutes Fenster zur Weiterreise ist, überlegen wir – in Absprache mit Border Control! – den Wartetag zu nutzen und nach Guernsey weiterzufahren. Noch hoffen wir aber, das Ergebnis Morgen früh zu bekommen und wenigstens etwas von Alderney zu sehen.
Intermezzo zu Hause die Fahrt mit dem Zug durch die Boucles de Seine war zauberhaft schön- welliges Land, schwelgerisch mit Grassamt ausstaffiert, die Seine oder ihre Seitenarme biegsam und elegant mäandernd, verschwenderische Faltungen, anmutig mit Pappeln und Weiden gesäumt, graziös und lieblich. Nach Tagen des metallisch schimmernden Wassers eine Verwunderung über diese Farbverschwendung und Formenfülle. Die Windstille der geschlossenen Räume wird wahrnehmbar. Großes Glück, die Kinder und Freunde wiederzusehen, gemeinsam zu speisen und miteinander zu sprechen. Zurück nach Le Havre, viel Sicherheitspersonal im Gare St. Lazare, Frankreich ist deutlich wachsam. Im Museum dÁrt Moderne eine Ausstellung von Philippe de Gobert, Eingeladen zur 500 Jahrfeier der Stadt hat er Le Havre besucht und im Nachgang in seinem Atelier in Brüssel lange gebastelt. Wie Thomas Demand baut er Modelle, die er dann photographiert, beide haben die Lust an der Bastelei und ihrem spielerischen Realismus.. Wie ein Kindergott baut er Szenarien auf, vollständig kontrolliert. Zum Ende ist es nicht das Modell, sondern die Photographie, die das Werk konstituiert. Beim Beobachten sucht das Auge, der interpretierende Verstand nach Inkonsistenzen, nach Eingriffen und Fakes. Kleine Steine haben andere Oberflächen als Große, der Karton der Modelle ist aber struktur-dimensional fast wie Beton, die Leere der Szenarien ist fremd.Als Museumsbesucher lieben wir diese Erkennbarkeit mit Differenzen, an denen wir Schaulust und Denklust empfinden, auch wenn das Modellieren von Realität hier die Ebene der Emotionen, der Menschlichkeit ganz ausblendet. Am Sonntag erleben wir die Fete de Mer, Gottesdienst mit den Honoratioren der Stadt, ordensgeschmückte Uniformen, scouts marins (See-Pfadfinder) oszilieren zwischen Fahnenträgerwürde und Kinderschabernack, Prozession und Segnung der Schiffe. Mit den Fahrrädern erkunden wir die Steilküste in Richtung Etretat, nach wenigen Metern blicken wir über die azurblaue Bucht.
Le Havre Cherbourg
Neben uns liegt jetzt eine Vindö 45, kommt von einem Pazific-Turn. Respekt! Wir legen nachmittags in der Abendbrise ab. Kurz nach Le Havre überqueren wir den 0° Längengrad. Ab jetzt sind wir im Westen. Der Channel Pilot referiert länglich über die historische Seeschlacht der Unterstützer von James II gegen die Holländer, bei der ein Teil der Flotte in den Stromschnellen bei Alderney, der andere an der Pointe Barfleur in der Brandung unterging, ich habe Respekt vor der Ecke. Damit es noch eindrucksvoller wird, ist Neumond, also nur Sternenlicht und Fischerscheinwerfer. Zwei Boote grasen die ganze Nacht mit einem Netz zwischen den Booten die Fischgründe um uns herum ab, ein paarmal klingt es so, als wären wir gegen Kanister oder sonstwas gerumst, was man so nimmt, um einen Fangkasten zu markieren. Die Abendbrise flaut ab, wir werden mit 5 Knoten vom Strom vorangetragen und alles ist stabil bis Cap Vico, von wo aus wir den Motor anmachen. Cherbourg empfängt uns mit bestem Sonnenschein, einer modernen, tip top angelegten und gepflegten Marina, einem sehr guten Willkommensinfopaket und normannischen Keksen. An der Promenade Palmen und Agaven- muss man eigentlich weiter nach Süden? Im Hafen tragen einige Boote Aufkleber und Wimpel vom Fastnet-Race 2021 (Hier war Mitte August Station der Etappe Cowe/Cherbourg) wahrscheinlich wird das Boot an der Stelle nie wieder geputzt. Der Marinehafen, so wie auch die große Wiederaufbereitungsanlage ein paar Kilometer weiter westlich sind bei Google verpixelt.