Ein Jahr Segeln

Wir sind jetzt ein Jahr unterwegs, Zeit ein kleines Resümee zu ziehen.

Wir sind gestartet mit dem Ziel, durch das Segeln neue Erfahrungen zu sammeln, neue Länder und Orte kennen zu lernen und nach dem Arbeitsleben die Zeit zu nutzen und zu entschleunigen. Wir haben uns bewusst kein wirkliches Ziel gesetzt, aber schon das Mittelmeer anvisiert.

Nach einem Jahr können wir als erstes sicherlich positiv vermerken, dass wir bislang von Unfällen, größeren Schäden usw verschont geblieben sind, was sicherlich auch daran liegt, dass wir eben Zeit haben und angekündigtem schweren Wetter aus dem Weg gehen und lieber noch 1 oder 2 Tage im Hafen bleiben. Außerdem haben wir unsere Etappen eher kurz geplant, was natürlich die Wettervorhersage vereinfacht. Als Ergebnis sind wir dann aber doch langsamer vorangekommen als wir uns das in unseren Planungen für 2021 und 2022 mal so vorgestellt hatten. Nicht schlimm – wir haben ja Zeit. Die Treffen mit unseren Töchtern haben uns immer mal wieder angetrieben, damit wir sie terminlich hinbekommen. Wir haben die jeweiligen Interessen, die die Kinder eingebracht haben, als Bereicherung empfunden und die gemeinsame Zeit sehr genossen.

Seglerisch ist der Törn bislang eigentlich zweigeteilt: 2021 sind wir in den 6 Monaten mehr gesegelt (Strecke und Segeln) und haben mit Nordsee, Ärmelkanal mit seinen Tidenbedingungen und der Biskaya sehr anspruchsvolle und abwechslungsreiche Bedingen gehabt. Nach der Winterpause in Bilbao waren die Monate in 2022 bis heute seglerisch nicht so zufriedenstellend – wir sind deutlich weniger gefahren und haben dabei wesentlich mehr motort.  Insbesondere das Mittelmeer zeigt sich bislang eher als Schwachwindrevier, in dem unser schweres Schiff häufig nicht gut läuft. Dazu kommt seit einigen Wochen noch die frühe Hitze in Spanien, die selbst die Einheimischen überrascht. Wir überlegen jetzt, wie es nach der Sommerpause weiter gehen wird – Mittelmeer im Herbst? Zurück in den Atlantik? Marokko? Kanaren? Wir haben noch ein paar Tage Zeit, die Möglichkeiten hin und her zu wenden.

Eindrücke haben wir in den Ländern und Orten viele sammeln können, worüber wir ja auch in unseren Beiträgen immer mal berichten. Insbesondere kleinere Orte, die man beim Reisen mit Zug und Auto eventuell nicht anfahren würde, haben uns immer wieder positiv überrascht. Bei den bekannten Orten erwartet man dies natürlich und wird im Normalfall nicht enttäuscht.

Das Leben auf dem Boot ist eine Umstellung – Leben auf etwa 18qm im Hafen mit gemeinschaftlichen Sanitäranlagen, Suche nach Möglichkeiten für Wäschewaschen, begrenzte Lagermöglichkeiten führen zu häufigem Einkaufen…. Das deutlich Unangenehmste war sicherlich die Feuchtigkeit, die früh im Jahr nachts ins Boot drückte und alles klamm machte – schlimmer als die Wärme, die wir jetzt kaum aus dem Boot bekommen.

Sind wir entschleunigt? Noch nicht ganz. Noch sind wir nicht so weit, dass wir – wie andere Segler, die wir gerade im Mittelmeer treffen – wochenlang am Platz bleiben können. Selbst Bilbao oder Porto waren dann irgendwann nicht mehr so interessant, von anderen Orten zu schweigen. Müssen wir noch was ändern? Vielleicht (nicht). Wir sind eigentlich mit unserem Reisetempo ganz zufrieden.

Jetzt machen wir Sommerpause – Juli und August ist zu warm, zu voll. Wir freuen uns auf die Nachsaison.

Zum Abschluss die Statistik:

Gefahrene Meilen: 3472sm, davon 2037 gesegelt, 1435 unter Motor

Segeltage 73

Bereiste Länder 11

Häfen 67

Cartagena

Cartagena

Tagsüber presst die Sonne die Gebirgsfalten flach, der Buntsandstein, graue Lavabrocken und ab und so schiefrige oder gipsige Einschlüsse- alles ist flach, als wäre es eine alte Fotoplatte mit Sepiatönen. Wir brechen in der letzten Dämmerung des frühen Morgens auf, die Farben sind feuchtigkeitssatt gebläut, die diffuse türkise Helligkeit modelliert jede Bruchkante, jede Erosionsfurche, die harten, weit voneinander entfernt stehenden und mageren Pflanzen verwischen sich in der Ferne zu eine weich scheinenden Krume.
Nach diesem Tagesbeginn schwächelt der Wind, alles wird diesig, man sieht nur grobe Konturlinen. Der Motor tuckert, auf Dauer ist der Lärm nervtötend.
Vor dem Cap Timon steht Buckelwelle und die Einfahrt nach Cartagena geht durch die Abenddüse.
Die Nebenbühne des Heavy Metal Festivals grenzt an den Hafen, bis weit in die Nacht hören wir Metal, das wie die irre Musik einer Dinosaurier Geisterbahn grunzt und raunzt, erstaunlich, was Stimme und Gerät hergeben.
Cartagena ist etwa eine Viertelmillion-Einwohner groß, lebt von Petrochemie und Energiewirtschaft, hat einen großen Militärhafen und eine U-Boot Basis, Militärakademie und Werft. Nachdem die alte Minenindustrie eingegangen ist und die Ölwirtschaft nicht mehr so stinkt, beginnt die Stadt ihre Vergangenheit als Tourismuspotenzial zu entwickeln, ein Kreuzfahrtterminal bringt sie herbei, der Hafen ebenfalls, Cartagena war nach der Gründung durch die Phönizier der Ausgangspunkt für Hanibals Zug nach Italien mit den berühmten Elefanten. Die Römer nahmen schließlich die Stadt ein und bauten den Hafen als wichtigsten spanischen Hafen aus, im Gefolge kam die gesamte Zivilisation mit Forum, Coliseum und Theater. Nach dem Zerfall des römischen Reiches kamen die Sueben, Vandalen, Byzantiner und Niedergang. Mit den Arabern kam ein wichtiger Aufschwung als Handwerker und Handelsplatz, der aber mit der Bindung der Energien der Araber durch die Rekonquista wieder niederging. Die Reyes Catolicos dann vertrieben Muslime und Juden, wieder Niedergang. Erst als der Hafen die Basis für die Kriege gegen die Engländer wurde, ging es wieder bergauf und in den Erbfolgekriegen bergab, mit der beginnenden Industrialisierung und Bergbauaktivität bergauf und mit dem Bürgerkrieg (Cartagena mit Alicante war die letzte republikanische Mittelmeerhafenstadt) wieder bergab. Oft haben sich die Zentren verschoben (vom Berg ins Tal, dann die Versandung der Bucht und Auffüllung), die Stadt ist verwinkelt, mit archäologischen Inseln oder nicht bebaubaren Bergen, Befestigungsanlagen allüberall. Die Stadt ist schwer zu entziffern.
Abends gehen wir hinter die Hauptbühne, die Skorpions spielen. Auf der Straße wird getanzt, man hat locker Platz. Eine Gruppe verschleierter Frauen flaniert auf und ab, irgendwann kommt ein römischer Soldat und später Mittelalterpersonal vorbei, vermutlich hat es irgendwo ein historisches Reenactment gegeben, wenige Versprengte der Aktivitäten zum Christopher Street Day machen das Bild bunter, ein kleines Häuflein nordafrikanisch aussehender Jugendlicher in Fusßballtrikots albert herum, einige Eltern mit kleinen Kindern, irgendwo titscht ein beleibter Mann in knallblauen T-Shirt auf und ab, seine Frau schaut sich befremdet um, ob es unangemessen ist, aber auch die Mädels im spanischen Partyoutfit recken die Fäuste in die Luft und bewegen die Köpfe im Takt der kajal-äugige Lockenkopf singt aus voller Brust und textsicher die Balladen mit. Soviel zu schauen hätten wir im Main Stage Bereich sicher nicht.
Wie flexibel doch Wind of Change ist- ein gelb blaues Peace-Zeichen, und schon kann man es unkaputtbar weiterbenutzen..
Cala Cortina ist mit dem Bus erreichbar, man hat das Freibadgefühl, Halbstarke mit dunklen Locken hören fransösichen Rap, Krabbelgruppen mit Schwangeren Muttis, erste Lieben, alles da.

San José

edlich hat die Windrichtung gedreht und der Poniente bläst die Wärme mit vollen Backen weg, bringt auch ziemlich Welle mit. Wir kommen ums Cabo Gato nach San José, nach all den riesigen Urbanisationen gradezu ein Balsam für die Augen, hier mal nur 2 stöckige Appartmentreihen zu sehen. Nicht weit von hier gibt es eine Wüste im Inneren, am Hafen besteht die sorgfältige die Zierbepflanzung aus Kakteen und Yukka.

Das Dorf, im Winter ist es nur knapp 2000 Einwohner groß, liegt am Rande eines Marine-Schutzgebietes hinter dem Cabo Gato. Im Sommer ist es zehnmal so groß, aber die Häuser sind nicht mehr als 2,5 Geschosse hoch und liegen dicht zusammen, ein paar Restaurants, ein paar Strandbedarfsläden und Souvenir Shops, das war´s. Nach all den zukünftigen Immobilieninvestmentruinen kommt es mir zauberhaft vor, es kommt das Anholt Feeling auf. Steeldrums auf der Promenade und ein erstaunlich fingerfertiger Gitarrist vorm Supermarkt und der Ort wirft seine Angelhaken aus. Es ist strammer Poniente angesagt, wir machen einen Tauchschnupperkurs. Nachdem ich dem Tauchlehrer erklärt habe, wir hätten vor Jahren mit einem Freund, der Tauchlehrer ist, drei oder vier Tauchgänge gemacht, bekommen wir eine Auffrischung im Schnelldurchlauf und dürfen mit raus, eine ganze Tauchflasche lang erkunden wir die Seewiesen in unserer Bucht, rote Seesterne, Seeigel und tiefdunkelpurpurne Anemonen, silbrig-gelbe Sardinen und nette bunte Fische, die ich nicht kenne. Der Tauchlehrer sucht den ansässigen Oktopus, kann ihn leider nicht finden. Es ist magisch, durch das klare Blau zu tauchen, unsere Flossen über dem Seegras lassen es wogen, als würden merkwürdige ungeschickte Vögel darüberfliegen, und über uns ein Scharm von blassen, ab und zu silbern aufleuchtender Fische, lebendiges Bühnenlametta, und ganz darüber schimmert die Wasseroberfläche, endlich bekommt das Meer Volumen und wir sind mitten drin.

Den einen Tag gehen wir nach Westen aus dem Ort an eine Bucht, den anderen nach Osten an eine andere Sandstrandbucht. Die Landschaft ist Filmhintergrund gewesen, Pirates of the Caribbean und Indiana Jones – sagen sie hier, egal, die aride Vegetation ist staubig, nur in den kurzen Wadis schmalblättrige Bäume, deren Schatten viel Licht durchlässt, erdgrüne Agaven, ihre Fruchtstände schwarz gegen den Himmel, kurzstämmige okergrüne Stachelpalmen und sukkulentenartige Gewächse. Dunkle Kiefern sind hier besonders harzig, ein wenig feuchtere Seeluft und schon duften sie wie Weihrauch und Leder, und bis auf ein paar Wanderer und Mountainbiker haben wir all diese asketische Wüstenlandschaft für uns, das Wasser ist dank Poniente frisch vom Atlantik herübergedrückt worden, klar und kalt, wir sehen die Seegraswiesen von oben durchs Wasser und einmal bilde ich mir ein Gruppe von Delfinen ein, die Schaumkronen springen in einem ganz anderen Rhythmus als der Wind ihn vorgibt. Hier bildet das Mittelmeer einen Kindheitstraumhorizont.

In der Nacht von 23.6 auf 24.6 ist San Juan- von der katholischen Kirche wurde der Johannistag auf genau 6 Monate vor Christi Geburt am 24.12 festgesetzt, um die Bedeutung von Johannes herauszuheben. Hier fällt es mit dem Beginn der großen Ferien zusammen, große Strandparty ist angesagt, mit Lagerfeuern, unendlichen Mengen bunter Getränke, Musik aus Blastern und später Feuerwerk.

Benalmadena- und weiter

Auf dem Weg von Benalmaldena nach Caleta de Velez bekommen wir zum ersten Mal einen Vorfall mit, den wir uns weitgehend zusammenreimen: ein Distress-Call eines Motorboots Miguel Christina wird gemeldet, Trafic Control versucht immer wieder Kontakt aufzunehmen, ein Gebiet 20 M weiter weg wird angegeben, Irgendwann hören wir arabischeund französische Funksprüche, die klingen, als würde die Marokkanische Marine systematisch einen Bereich abkämmen. Die MMSI des Funkgeräts gehört zu einem Boot, dass seit 5 Jahren nicht mehr bewegt wurde, vielleicht hat sich jemand ein Funkgerät mit der ID für die gefährliche Überfahrt organisiert.

Es ist soo heiß, so windstill. wir fahren an der Sierra Nevado vorbei, kein Schnee dort oben, unten Silos für Menschen, dann ein Streifen von Gewächshäusern. Caleta de Velez schafft es aber trotzdem, eine angenehme freundliche Atmosphäre zu schaffen, freundliche Leute im Hafen, gutes Essen im Restaurant an der Mole.

Die verdunstete Feuchtigkeit wird nicht weggeweht, es ist den ganzen Tag dunstig, die Berge schatten jeglichen Wind ab. Heute Motril, dann noch eine Etappe und wir haben Cabo Gato geschafft. Die Nachrichten sprechen von Hitze in Frankreich und Spanien, wir sind nicht allein.

Hier im Alboranmeer ist das Mittelmeer etwa 80 M breit, Sierra Nevada auf der einen Seite, Rif Gebirge auf der anderen Seite: Die verdunstete Feuchtigkeit wird nicht weggeweht, es ist den ganzen Tag dunstig, die Berge schatten jeglichenWind ab.

In Motril liegen wir im Clube Nautico im Industriehafen, Nach dem Essen sitzen wir noch im Cockpit und wundern uns über den Abendnebel, bis wir den Kopf wenden: nachts wird dort der Zement auf Frachtschiffe geladen.

Almerima:

Dunst, kein Wind, Hitze und Motoren..

Jetzt haben wir schon zweimal im Funk gehört, wie jemand im Brustton der Verzweiflung und des tiefsten Hasses „Fuck you, Fuck you Wladimir Putin“ schreit- ich stelle mir vor, dass ein Migrantenboot beim Queren des Mittelmeers gehindert wurde.

Die Plastikplanen der Gewächshäuser hier um Almerimar sieht man auf Google Maps deutlich als riesige weiße Fläche, darin ein graubraunes Resort für TUI, RIU und al, Palmen an der Promenade: ein kleiner Flecken Hochhäuser in einer Wüste aus Staub und Gewächshäusern. Hier werden alle Tomaten Europas angebaut, aber El Eijido, das Dorf in 4 km Entfernung zum Hafen und Zentrum der Agroindustrie liegt an Stelle 2500 der Gemeinden Spaniens (nach Durchschnittseinkommen sortiert). In der Nähe soll ein Vorzeigegewächshaus sein, aber es ist mir zu heiß (40°, die lokale Zeitung füllt drei Seiten mit der Hitze) mich auch nur zum Herausholen meines lieben Fahrrads zu bewegen. Wie soll es hier werden, wenn wir den Klimawandel nicht eingrenzen und die für hier prognostizierten +7° eintreffen: werden die Bauten hier angepasst werden mit zweiter Salzwasserleitung in Häusern und Kanalisation, Umbau zu kühleren Wohnformen, Strandbeschattung für alle, Umbau der Kultivierung zu Formen mit geringerer Wasserbelastung, keine Ahnung, was man wirklich so alles machen müsste- oder werden diese riesigen Immobilien verlassen, weil nicht mehr bewohnbar? Ich stelle mir Scharen von grünen Wellensittichen in den leeren Wohnhöhlen vor, Riesengeckos liegen mit Halsfalten in den löcherigen zurückgegliebenen Liegestühlen und im Sand huschen Chamäleons in die verbleibende Macchie.

Von Gribraltar nach Benalmadena

Beim Umrunden von Punto Europa, dem Leuchtturm am Ende von Gibraltar hören wir im Funk, wie ein Spanisches Kriegsschiff um Durchfahrterlaubnis bittet und den Bescheid bekommt, sie seien bereits im Britischen Gebiet, dies sei ein schwerer Vorfall gemäß UN Konventionen und würde gemeldet, der komplizierte Text kam ruckelfrei und effektiv kommuniziert, auf den weiteren Etappen werden wir ähnliches weitere Male hören, Gibraltar und Spanien haben eine offensichtlich gut eingeschliffe Konfliktkultur.

Am Punto Europa stinkt es gewaltig, im Internet finde ich eine Meldung von 2018, dass ein Klärwerk für die Salzwasser-Abwässer von Gibraltar beauftragt ist, fertig sollte es in 2020 sein. 2020 dann ein Gutachten, dass es Einsprüche gibt ,die nebenan angesiedelte Uni ist nicht über Ansicht und Geruch erfreut, außerdem kann man sich mit den Spaniern nicht über die Abnahme der anfallenden Feststoffreste einigen. Wie in Guernsey, also alles weiter ins Meer kippen..

Motoren bis Estepona, die Altstadt ist deutlich andalusisch und netter als erwartet, aber weit weg vom Hafen

Nach Marbella konnten wir etwas segeln, Delfine, guter Tag. Der Puerto deportivo Marbella (nicht Hafen für die Berühmtheiten, das ist Puerto Banús) ist Partymeile, dazu ist noch die Feier des Stadtheiligen. Verschiedene Confradias (Bruderschaften, ich denke so etwas wie Thematische oder Viertel-orientierte Vereine) haben Stände organisiert. In der lauen Luft unter riesigen alten Gummibäumen und Bananenstauden entsteht ein tropisches Veracruz Gefühl. Sehen und Gesehen werden, ein Schwatz hier und da, man trifft sich im Flamenco Outfit, die Stadt hat Musiker organisiert, Karibische Rythmen und Andalusische Lieder, einige können die Patatas, das Klatschen im Rythmus zum Canto Jondo. Parteien machen Wahlkampf, ab Mittag wird das Hafenbüro geschlossen, dann wird getanzt, flaniert, gefeiert. Ich finde die Kleider sehr eindrucksvoll, teilweise wohl über Jahre zusammengesammelt, mit schönen Kämmen, Tüchern, Ohrringen, Tanzschuhen, alle Frauen sind schön darin und bewegen sich elegant. Nach dem einen oder anderen Glas tanzen auch Männer formvollendet auf dem Podest, man sieht alte Flamenco -Schule und Lust an der formvollendeten Bewegung. Abends am Hafen geht das Fest weiter, viele Frauengrüppchen, die Polizeit fährt groß auf inklusive Drogenhunden, wir flanieren und schauen uns die Augen aus.

Am Mittwoch sehen wir große Rauchwolken aufquellen, abends sehen wir Glutnester an der Bergflanke von Pujerrra. Es der erste und viel zu frühe Waldbrand, ein Feuerwehrmann erleidet sehr schwere Verbrennungen, die Wasserflugzeuge kommen unablässig vorbei.

Nach Malaga hin haben wir leichten Gegenwind, aber das Meer ist platt und so kreuzen wir hin und her, ziemlich zufrieden den Tag auf dem Wasser zu verbringen. Wir liegen in Benemaldena, Baden, Strandleben. Abgeranzte Einfallstrassen, heruntergekommene Blocks, aber dann auch wieder 5 Sterne Hotels und gepflegte Pensionen. Man spricht englisch, russisch, französisch in den Maklerbüros und Notariaten. Bei den Heizkosten mag es auch billiger sein, die Rente in Benalmadena zu geniessen als in Manchester oder Birmingham.. Malaga selbst hat eine schöne Alameda und der Gang auf die Gibramar Festung gibt einen großartigen Blick freu auf die Altstadt, Mit Katrin sehen wir uns das Automobil und Modemuseum an, und spazieren über die neu angelegte Promenade mit Pergola.

Leider müssen wir Katrin zum Flughafen bringen, die schöne Zeit zusammen ist vorbei

La Linea de Concepcion& Gibraltar

La Linea

inoffiziell die hässlichste Stadt Spaniens, die Abwanderung ist eine Erfolgsgeschichte, weil es Leute schaffen, sich zu qualifizieren und hier wegzukommen. unmittelbar um den Zaun (auf Spanisch wird nicht von Grenze gesprochen, weil sie nicht offiziell anerkannt ist) sind große Wohnblocks für diejenigen, die die einfachen Jobs in Gibraltar machen, der offene Markt bereitet einen sacht auf die Souks vor, die ich in Marokko erwarten würde. Wie in vielen Grenzstädten gibt es eine Hässlichkeit der Unsicherheit: Wie lange bleibt es noch so, lohnt es sich, an Schönheit zu denken? Vielleicht tut eine Kontrastierung oder Vermischung von Ästhetiken nicht gut, es mag auch einfach nur die Ungerechtigkeit der Verhältnisse sein, die das gute Einrichten in den eigenen Bereichen zu sehr erschwert.

In der Marina viel Internationalität: Kandadier, Norweger, Franzosen, Österreicher, Schweizer, jedes Boot hat eine eigene Geschichte. Ein Einhandsegler ist grade aus Martinique angekommen, noch überwiegt die Zermürbung der langen einsamen und schwierigen Überfahrt, wahrscheinlich kommt der Stolz auf das Geleistete und die Schönheit des Erlebten erst durch, wenn die Erschöpfung überwunden ist. Andere sind wahre Lebenskünstler, Sportler oder Semiprofessionelle Überführer, so viele interessante und unterschiedliche Geschichten.

Wir haben einen Mietwagen ausgeliehen (die Leihstation ist am Flughafen in Gibraltar (steuerfrei) und der Parkplatz in Spanien !) und haben unsre ältere Tochter in Malaga abgeholt. Wir freuen uns sehr über das Wiedersehen :-)) Die Fahrt, seit langen mal wieder über Land zu fahren, noch dazu im Frühsommer mit blühendem Oleander an der Autobahn und gelbem Ginster, die Nordflanken der Berge begrünt, und immer wieder ein Blick auf das weite Rund des Mittelmeers war schön. Heute nach Gibraltar wirklich einmarschiert, über die Landebahn spaziert, Cable Car und Affenfelsen. Spektakulärer Blick über die Strasse von Gibraltar nach Afrika. Auch der Botanische Garten war schön, aber die Stadt selbst ist nicht besonders: Militäranlagen aus allen Jahrhunderten, ständig rotierend angesiedelte Militärs entwickeln auch nicht wirklich die Ader, eine Verteidigungsanlage hübsch zu machen. Ansonsten alles, was man sinnvoll bebauen kann, ist bebaut, und man ist dabei, weitere Aufschüttungen zur Landgewinnung zu machen, um noch mehr bauen zu können. Freihafen, große und sehr große Motorboote aus Georgetown werden von ihren Bootsleuten gewienert, alles glänzt aufs feinste, die Sessel sind unter Hussen verborgen und werden geschont..Als Steuerparadies hat mit Guernsey viel besser gefallen- aber da kann man auch nicht in der Freizeit mal eben nach Marbella fahren.

Wir sehen Afrika vor uns, im Dunst als schwache Konturen- wann kommen wir dahin?

Barbate

Auf dem Weg nach Barbate hören wir einen PAN PAN Funkruf, später laufen wir gleichzeitig mit einem Catamaran ein, der von der Rettung geschleppt wird. Nach einer Orca Interaktion ist das Ruder kapput.
Früher Barbate de Franco, jetzt wird verschämt verschwiegen, dass Franco sich hier gerne aufgehalten hat..
Zwei schöne Strände, einen westlich vom Hafen, etwas wilder, einer östlich im Stadtgebiet an der Promenade. Der Barbate Fluss hat etwas Marschland-Charakter, die Innenstadt ist andalusisch, wieder auffällig die Gitter vor den Erdgeschossfenstern. Alles sehr zurückgenommen. Hier und in Zahara de los Atunes gehen die Fischer auf Thunfischfang mit Almedrabas, wesentlicher Bestandteil dieser Fangmethode sind Netze, die die Blauflossenthunfische auf ihrem Zug ins Mittelmeer zum Laichen abfangen und einkesseln. Früher haben die Fischer von kleinen Booten die eingekesselten Fische mit Speeren und Harpunen getötet und dann in die begleitenden großen Boote gezogen (die Tiere wiegen ausgewachsen 200 kg) als die großen Maschinen verfügbar waren haben sie teilweise die letzte Kammer komplett hochgezogen, heute gilt das Fleisch der Fische, die solch einen Adrenalinschub vor der Tötung hatten, als hart und minderwertig, Taucher töten je nach Nachfrage einzelne Exemplare. Neben uns kam mehrfach am Tag ein Schlauchboot an, ein Taucher drin, mit Harpunenausrüstung, vielleicht war das der Schlächter vom Dienst. Ob eine Verwandtschaft zwischen Thunfischjagd und Stierkampf existieren könnte und dem Erstarken der rechten VOX Bewegung in Südspanien. Es gibt ein Sterne-Restaurant nur mit Thunfischgerichten in Zahara de los Atunes, Wir treffen eine Gruppe von Studenten der HFF, die einen Film über die Orcas drehen wollen, sie fragen uns, ob sie uns nach Gibraltar begleiten können, sie dürfen während der Fahrt von unserem Boot aus filmen.
Der Segeltag wird schön, Sonnenschein, Wind von hinten, erst schwach, dann auffrischend, bei Tarifa sehen wir harmlose Overfalls, und dann rauschen wir mit 7,5 Knoten und Strom von hinten durch die Straits. Im Süden Afrika, an der nächsten Stelle nur 7 M entfernt, man erkennt Hafenanlagen, Überwachungsradars. Wir hatten Teile eines Funkverkehrs mitgehört, in dem Tarifa Traffic Control nach Notwendigkeit von Hilfe fragt und dann eine Ankündigung der Ankunftszeit des Rettungsboots macht.
Bei der Ankunft in La Linea sehen wir eine große Schule von Delfinen, die sich in der großen Bucht zwischen den vielen ankernden Berufsschiffahrtspötten verkrochen haben, Im Hafen schließlich werden die Geschichten über die Orcas getauscht. Man kann live erleben, wie Seemansgarn entsteht: in Barbate noch hatte ich mit Nachbarn über die Orcas gesprochen und der Nachbar meinte in vollem Ernst, die Schießübungen dienten der Vertreibung der Orcas, als sein Kumpel aus dem Cockpit rief, das sei doch gar nicht wahr, er habe das nur so erzählt. Man ist froh, dass vielleicht die Strategie,, küstennah zu fahren die auch von der Gruppe OrcaIberica empfohlen wird, aufgegangen ist.
Der Segeltag war einer der schönsten seit langem und die Zeit mit dem Filmteam hat Spaß gemacht. Sie sprechen mit so vielen Leuten, halten Ohren und Kamera offen, bestimmt wird es eine sehr interessante Abschlussarbeit.