Vorbeitung der Winterpause

Der Termin für unseren Abflug nach Deutschland naht. Nächste Woche werden wir für 8 Wochen wieder nach Deutschland fahren – Weihnachten, Familie und Freunde treffen. Ab Ende Januar dann soll es weitergehen. In gewohnt kleinen Etappen dann erstmal über LaCoruna Richtung Lissabon.

Vor unserer Abreise wird das Boot für die Abwesenheit vorbereitet. In die Festmacher haben wir noch Ruckdämpfer eingearbeitet. Auch wenn wir hier ziemlich geschützt liegen, tritt doch recht häufig etwas Schwell auf. Dann ruckt das Boot heftig in die Festmacherleinen. Mit den Dämpfern ist das jetzt deutlich geschmeidiger.

Diese Woche ist auch endlich der Motorfachmann gekommen. Wir mussten da mehrfach nachhaken. Jetzt ist der Motor aber gewartet – Öl gewechselt, alle Filter getauscht, Impeller gewechselt. alles gereinigt. Nach fast 200 Betriebsstunden sah der Impeller aus wie neu, er liegt jetzt im Reservelager. Dafür war der Dieselvorfilter arg verdreckt – nach der Tankreinigung letztes Jahr hatte ich dies nicht so erwartet.

Für das nächste Jahr haben wir jetzt ein Sonnensegel für das Cockpit. Der lokale Segelmacher hat uns dies schnell und sehr sauber genäht. Damit sind wir unterwegs und im Hafen besser gegen die Sonneneinstrahlung geschütz. Es ist kleiner als normale Biminis – aber mehr geht bei uns leider nicht fest zu verbauen und wir wollen es eben auch unterwegs nutzen können.

Der Besuch beim lokalen (Vorort von Bilbao) Theaterfest war ein Erlebnis. Der Saal war sehr gut gefüllt, jung und alt ohne klaren Dress Code – gemischt. Das Stück eher laute Komödie, die Schauspieler eher eine Mischung aus gehobener Amateur verstärkt durch einige Profis. Insgesamt interessant aber sicher keine hochwertige Kultur und für einen Ort mit 50000 Einwohnern doch bescheiden.

Exkursionen

Diese Woche war das Wetter noch einmal schön und wir haben drei Ausflugstage geplant: mit dem Bus nach Vitoria-Gasteiz, von dort nach Burgos und schließlich über Pamplona zurück, man könnte fast von amerikanischer Durchorganisiertheit sprechen. Vitoria hat die Verwaltung des Baskenlands gewonnen und damit einen Entwicklungsschub gemacht. Plaza Independencia, Plaza Nueva mit Arkaden, Plaza de Machete- prächtige städtische Räume zum Flanieren, Promenieren, Schwatzen, Spielen. Am Jakobsweg gelegen natürlich eine prächtige große Kirche, drum herum kleine Gässchen, klar noch nicht renoviert also vermutlich klein, dunkel, einfache Sanitäranlagen: Man hört arabisch, wir blicken in eine Turnhalle, in der sehr diszipliniert trainiert wird (ein Mädchen mit Hijab und langen Hosen spielt mit, eine junge Frau mit krusseligen Rastalocken verteilt gelbe Westen für die Mannschaftsaufteilung: hier ist der Sport der Integrationsplatz, ein paar dunkel alternative Kneipen, ein Spanisch- Sprachlernzentrum, spannend, wie hier Quartierentwicklung betrieben wird. Am Ende finden wir im Neubaubereich eine schöne Tapas-Kneipe mit leckeren Pulpo und Käserätionen. Fantastisch, was für Wein man bekommt. Das Museum für neue Kunst zeigt eindrucksvoll, wie in der Nach-Franco-Zeit die Region die Spielraume für Kunst gesucht hat und durch Vernetzung, Aufbau von Gemeinschaftsateliers und Mikro-Galerien neue Wege entwickelt hat, mit vielfältigen Verbindungen nach Lateinamerika, klarem Blick auf die Verhältnisse auslotend, was man zeigen kann.

Vitoria ist stolz auf seinen Grüngürtel und seine Straßenbahn (unsere Bilbao- Karte gilt auch hier) und Radwege-Infrastruktur, manchmal habe ich das Gefühl, dass sich das Neue vom Rande her entwickelt. Ich habe das Gefühl, dass man voller Stolz auf die Freiheiten der Autonomen Regionen hier die Entscheidungen schnell fällt und nach vorne schaut.

Burgos ist schon ein Bundesland weiter, liegt in Asturien, und hat eine sehr sehr prächtige Kathedrale, man sieht auch einzelne Personen eintreten, knicksen, sich bekreuzigen und beten. Uns gefallen die Flussauen, von Schattenbäumen und Springbrunnen flankiert, man spürt, wie hier der Stadtraum auf das abendliche Genießen des Abklingens der Tageshitze hin gestaltet wurde. Burgos liegt in Mitten einer kargen, menschenarmen Gegend, ich konnte nicht sehen, ob hier die sinnreichen Bewässerungsinfrastrukturen der Araber noch funktionieren. Da in Glasgow Klimakonferenz ist, wird im Fernsehen eine Simulation gezeigt, mit welchen tiefroten Temperaturen Zentralspanien zu rechnen hat, wenn die Klimaziele verfehlt werden.

Eine Menge von (Privat) Schulen, Schuluniformen, katholisch, in der Zeitung wurde von einer Demonstration berichtet, die fordert, öffentliche Schulen zu stärken- die Privatschulen wären ja recht unkontrolliert was Lehrinhalte betrifft und damit nicht vergleichbar.

Den Hemingway-Moment („Man kommt aus den regnerischen, grünen Pyrenäen nach Pamplona herein, Hitze, Trockenheit, Enge, billiger Wein, mutige Kerle“) hat sich bei mir nicht so richtig eingestellt, man merkt der Stadt an, dass sie durch die San Firmin-Tage mit ihren Stierläufen nicht nur die bildungsbeflissenen Pilgertouristen anzieht, sondern noch einmal eine weitere Zielgruppe anspricht und so einen weiteren Schub hat – ob es allerdings ein probates Mittel ist, einmal im Jahr ein paar Kerle in Lebensgefahr zu bringen, womöglich zu opfern, um die Schaulustigen anzuziehen? Na ja. Beim Blick in die Bäckereien zeigt sich, dass schon ein paar Jahrhunderte Zugehörigkeit zu Frankreich zu schönen Törtchen geführt haben, ich bin versucht, mich einfach iin eine der Schlangen einzureihen, egal was es dort gibt, wird schon gut sein..

Wir haben nun schon so viele Kirchen vom Jakobsweg gesehen, bestimmt 10%- sind wir jetzt schon 10% bessere Menschen? Jürgen sagte dazu ganz lapidar, dass wir ja noch keine Weltumseglung hinter uns haben mit langen einsamen Ozeankreuzungen, Albatrossen, Walen und Pinguinen. Immerhin haben wir Delfine gesehen, grade gestern habe ich mal wieder einen Eisvogel blau blitzen sehen, ein Moment, der einem grauen Tag auf einmal ein blitzblaues Stück Glück gibt.

Ich denke, dass Pilgerreisen eher weniger Konversionen als Risiko und Nebenwirkungen haben. Ob man Mitte und Ziel findet, mag an anderen Dingen liegen.

Regen


Wenn man in der Koje liegt, ist das Geräusch des Regens wie eine Kappe, die um einen herum liegt, kleine Klänge, die sich nur auf mich beziehen: ich kann nicht raus, ich werde nass, ich bin wie ein Schwamm, der von diesen Geräuschen gefüllt wird. Dann die abgeleiteten Geräusche, das Auftreffen der Tropfen auf dem Wasser, mit einem kleinen schmatzenden Geräusch. Das Lecken und Schmatzen der Wellen am Rumpf, glucksend, wenn eine Luftblase mit verschluckt wird. Wenn der Regen stärker ist, bildet sich eine Richtung aus, der Klang wird zur Fläche, die oberhalb von mir ist. Das Geräusch überlagert alle anderen Geräusche, ebnet sie ein. Der Regen ist eine halbdurchsichtige Schwamm-Wand, durch die der Wunsch nach Tätigkeiten aufgesaugt wird, Impulse kommen nur von den Wolkenfronten: wenn einmal ein Blau kommt, rennen wir zum Müll oder zur Toilette. Strategien werden entwickelt: Wie trocknet man die Luft? Wir achten peinlich darauf, den Feuchtigkeitseintrag zu minimieren, alles Nasse muss in die Kuchenbude.
Die Wolken aus dem Atlantik hatte so viel mehr Anlauf, um Wasserdampf zu sammeln, dementsprechend ist auch viel mehr Regen darin, fast so als würden wir eine längere Überfahrt simulieren, weil wir nicht herauskönnen.

Gestern war es aber trocken und wir hatten Karten fürs Ballett in Bilbao, man zieht sich gut an, die Männer solide- behaglich, wie in China: Man zieht doch den teuren schönen Mantel nicht aus, sondern zeigt sich in ihm im Zuschauerraum, Gut gefüllt, es gab auch eine Vorberichtserstattung. Die Aufführung selbst hat mich enttäuscht: eine magere, zierliche Solistin, ein kräftiger Partner für die Tragefiguren, elegische Musik aus den 50 er Jahren zum Thema Liebe und Verlust, Heben, spreizen, drehen, kaum Temposchwankungen, der immer gleiche grade Ballettrhythmus, am besten könnte man es mit einer zu lang geratenen Eiskunstlaufkür vergleichen. Ich hatte mir von Spanien mehr erwartet: komplexe Rhythmik, die Auseinandersetzung mit der neuen Frauenrolle, statt dessen lana del rey phantasien mit Bildern von Cowboyhelden und Mustang-Autos, ein eingespielter Film mit einer interessanten Einlage eines weiteren Paares mit Hip-Hop Anleihen- keine credits. Die Franco-Zeit ist erst eine Generation her? Beim Herausgehen hörte ich, wie eine beleibte ältere Dame,ausdrucksstark geschminkt zu ihren Freundinnen sagte: „sublim“..und ich stelle mir vor, wie weit die bis zur Fadheit abstrahierte getanzte Emotion von ihrer konkreten Beziehungslage entfernt ist, in der sie bestimmt deutlich ansagt, wie die Familie (die Queen würde von Firma sprechen) funktioniert.