nach Sines

Sesimbra
Wir reiben uns die Augen so schön ist es (und so sehr hat uns der Heuschnupfen erwischt), kristallklares Wasser, Tauchtouren von mindestens drei großen Tauchschulen, die Brandung hat große Höhlen in die Kalksteinberge gekehlt, es donnert eindrucksvoll. Gepflegter Strand, schöne Atmosphäre. Da immer nur nachmittags ab 13:00 segelfähiger Wind geht, machen wir uns gleich am nächsten weiter auf, um die Strecke in nachmittagspassige Etappen zu teilen.



Sines
Nördlich Ölraffinerien, sudlich PSA Autoparkplätze und Zulieferteile Umschlag, in der Mitte ein prächtiges Marinabetreibergebäude (ein schicker Stuhl zur gemütlichen Betrachtung der Netflix-Serie: Waschgang Buntwäsche 40°, ein kleines Kinderklo und kleines Kinderwaschbecken, alles spricht von guten Gewerbesteuereinnahmen). Die Vasco da Gama Bucht ist schön, das Wasser sieht türkisblau aus, geschätzte 18-19° reichen zm Anbaden.
Das Kunstzentrum ist alles andere als provinziell, der Bau ist portugalweit prämiert und die Ausstellung wird aus den Beständen der Calouste Gulbenkian-Stiftung in Lissabon bestückt, eine anregende Mischung lokaler und nationaler zeitgenössischer Kunst. Ein Künstlerbuch hat es mir angetan, eine Dopelseite wird gezeigt, nur die Schrift ist erhalten, der gesamte Hintergrund ist weggelasert, man schaut auf eine nicht interpretierbare farbige Tafel im Untergrund: „Unsichere Worte“.
Der Wind kommt aus Süden oder gar nicht, also machen wir einen längeren Ausflug zum Intermarché (genausoschlecht wie in Roscoff) alles sehr mexikanisch: von einer zweispurigen Autobahnzubringerstraße geht ein Feldweg ab und 100 m ins Nirgendwo hinein sind drei aufwändige Einfamilienhäuser gebaut, mit soliden Mauern die Grundstücke abgegrenzt, dahinter könnten ja die Wüstenfüchse wohnen. Riesige Einfallstraßen mit einem Gelände für Gewerbeschuhschachteln, in denen sich Intermarcé, Pingo Doce, Continente nebeneinander befinden, das architektonische Highlight ist der McDonalds mit seinen charakteristischen Plastikmöbeln, dem amerikanischen Kinderglück. Anlässlich dieser Erfahrung schaue ich nach: Portugal hat etwa genausoviele Autos pro 1000 Einwohner wie Deutschland, also verfügt jede Familie über ein Auto und man kann die Einkaufsmöglichkeiten in die Gewerbeaußenbereiche verlagern. Das erklärt auch, dass hier in Sines, anders als in Porto und Lisabon, praktisch kein ÖPNV existiert. Ich habe meine unwissenschaftlichen Indizes erweitert: Wenn es wenige Friseure gibt, hat die Stadt nur das Erforderliche zum Leben, alles weitere eher nicht. Demnach ist Sines eine solide Arbeiterstadt, zwar gibt es am Rand ein paar neue Wohnblocks und auch ein paar auffällige Villen mit Meerblick, aber das könnten auch schon auf die Träume vom neuen Datacenter in Sines (geplantes Investvolumen 3,5 Mrd €) vorgreifen, mal gespannt was sich davon realisiert.
Tags drauf machen wir uns mit den Rädern auf: erst nach Süden auf der Bundesstraße. Wacker halten die Oleander auf dem Mittelstreifen durch, sehr unterschiedliche Pflanzen, ich erkenne Mimosen, Kiefern, Dünennelken, Mastix erobern sich tapfer das Gelände zurück- nach dem großen Containerterminal kommt noch ein Steinbruch und dann ein großes Kraftwerk, dann endet das Gewerbesteuergebiet von Sines und die Radwege hören unvermittelt auf. Wir schieben zum Strand vor, ein toller Blick, aber tiefer Sandweg. Dann also nach Norden: nach dem Fischerhafen und LNG Terminal ist eine Kompensationsfläche erschlossen durch einen Holzsteg. Das Wasser, auch bei uns im Hafen, also genau zwischen den beiden Industriebereichen ist ganz sauber, viele Fische tummeln sich und knabbern ab und am Bewuchs des einen oder anderen Schiffes, insgesamt wird überall auf Ordnung geachtet, man wirft mit qualifiziertem und zertifiziertem LNG Hafen. Auf mich macht es den Eindruck, als könnte hier eine Koexistenz zwischen Entwicklung und Industrie und natürlichen Habitaten möglich sein, auch weil das Hinterland noch so riesige Landreserven hat.
Und Törtchen habe ich gefunden, sehen aus wie beste französische Konditortradition, schmecken auch fast so- bestes Backwerk seit Bilbao 🙂