Marina Douro Afurada
Nächtliche Gewalt
Irgendwo bei Island nordwestlich von Porto liegt ein mächtiges Tief, hier ist es für Schwell aus westlichen Richtungen und Südwind verantwortlich, morgen sollen es 3,5m werden. Der Douro, ehemals ein ungebärdiger Fluss aus dem bergigen Inneren des Landes kommend, mündet bei Porto in den Atlantik. In der Marina in der Flussmündung sieht man keine Welle, aber Wirbellinien im Wasser. Wir aktivieren alle Ruckdämpfer, die wir haben und legen ein kompliziertes Zickzag von Haltelinien um das Boot herum. Alle Fender werden ausgebracht. Die anderen Boote tanzen auch, der Steg zappelt so, dass ich auf dem abendlichen Gang zu den Sanitäranlagen ins Stolpern komme.
Ein Geschepper erfüllt den Hafen, Schwellbleche lärmen, der Steg quietscht.
Im Bett ist es ruhiger, so dass das Kopfkino arbeitet. Im Grunde liegt man auf einer weichen Matratze, die gute Dauendecke hält warm. Aber es fühlt sich an wie in einem Überraschungsei, das von eine gewalttätigen Gang herumgekickt wird: Man zuckt zusammen wie unter Schlägen in den Rücken, wenn das Boot mit aller Wucht in die Leinen ruckt, das Knarren der Leinen an den Klampen klingt wie das Ausrenken eines Schultergelenks. Eine Zeitlang wird das Boot gelangweilt durch die Gegend gekickt, dann kommt neue Lust auf Gewalt auf, ein Knie in den Magen und ein paar Tritte in den Rücken, es klingt wie wenn der Zahnarzt die Knochen aufbohrt, dazu das gemütliche Geknautsche der Fender wie ein altes Plastiksofa und das Quitetschen der Bodenbretter, die sich gegeneinander reiben.
Montag nachmittag soll es anfangen, besser zu werden, aber es wird wahrscheinlich bis Mittwoch unruhig bleiben.
Am Morgen beschließen wir, dass ich alleine nach Lissabon fahre, um Hannah abzuholen, Jürgen bleibt beim Boot, damit er schnell was machen kann wenn etwas passiert. Aber im Shop sind alle Ruckdämpfer ausverkauft.