Castro-Urdiales

Ich musste meine Klarinette zum Instrumentenmacher bringen, damit sie neue Schuhchen bekommt (Zapatillos, wir sagen Polster) Derweil fahren wir nach Castro Urdiales. Es liegt an einer alten römischen Straße, mittelalterliche Festung, Jakobsweg-Kirche, große Sommerappartmentanlagen. Die Sonne scheint!! Wir saugen die Wärme auf, und genießen, wie auch die Einheimischen, herauszukommen, alte Frauen machen sich sehr schick und sitzen mit einem netten Glas Wein oder Wermut im Café und begrüßen sich: Schön dich zu sehen, zwei Jahre waren wir nun eingeschlossen wie eine Auster!.

Am Busbahnhof fragt ein kleines Mädchen im Grundschulalter seinen Vater: bist du für die Russen oder für die Ukrainer, als ob das Fußballmannschaften wären, selbst kleine Kinder wissen, dass es Krieg in der Nähe gibt. Ich lese grade ein dusseliges Frauenbuch, sie zitiert einen Satz von Szymborska, der mich trifft: „Ferne Kriege entschuldigt, dass ich Blumen nach Hause trage“. In den Nachrichten wird dargestellt, dass facebook nun hate-speech gegen Russland nicht mehr sanktioniert. Verantwortung für Inhalte sieht anders aus: Grade im Krieg wäre eine Gegenöffentlichkeit eine, die nicht Stellung bezieht, sondern sehr sorgfältig versucht, Sachstände zu etablieren: Verhandlung kann nicht funktionieren, solange jeder im Gefängnis seiner gewaltigen Emotionen ist. Ach, schlimme Zeiten.

Nachts knarren die Fender, klopfen und zupfen die Leinen in den Klampen, wieder ziehen Wetterfronten durch. Wenn man nachts aufsteht, versucht man, sich genau in die huschelige Höhle wieder einzupassen, die man vorher gewärmt hatte, um nicht mit den feucht-kühlen Lakenteilen in Berührung zu kommen. Die Luken sind morgens dicht beschlagen mit Feuchtigkeit, solange die Tropfen klein sind, sieht aus wie eine Waranhaut, sind sie größer, eher wie Krokoleder. Wir sind auch wechselwarme Reptilien, solange es so unangehm ist, verharren wir in Starre. Wenigstens sieht es so aus, als könnten wir Montag weiter, aber das ist auch noch zwei Tage weiter und die Wettervorhersage und das Eintreten der Wahrsagung sind zwei verschiedene Dinge, sie kommen noch nicht mal aus einer Wundertüte mit buntem Puffreis.