Ausflug nach Villajoyosa

Bevor es nächste Woche dann weiter in Richtung Gibraltar geht, habe ich heute noch einen Ausflug nach Villajoyosa gemacht. Mit der Strassenbahn ist man in 1 Stunde in diesem kleinen Küstenort zwischen Alicante und Benidorm.

Der Ort besitzt eine wirklich schöne und gut erhaltene Altstadt, enge Gassen schirmen das Sonnenlicht ab, Autoverkehr ist nur mit Sondergenehmigung zugelassen. Es war sehr ruhig – vielleicht auch wegen der ausgedehnten Mittagspause. Viele der Häuser sind in gutem Zustand, es wird instandgesetzt, die Association des Centro Historico ist offensichtlich auch aktiv. Es gibt Wandmalereien und Kunstinstallationen.

Am wunderschönen Strand dann auch die Restaurants und Bars. Man merkt hier stärker als in Alicante, dass die Saison zu Ende geht. Der Strand war leer, die Restaurants mittel besucht – man sah die ersten Mäntel und Pullover (bei 26 Grad)

Der Herbst wird eingeläutet

Wir segeln netter als erwartet nach Alicante zurück. Baden und noch einmal elegant essen gehen, wie angenehm bei trockenen 27° und nettem Jazz zu speisen, sehr cool. Für Ulrike geht es zurück, einies ist zu Hause zu erledigen, Jürgen wird mit seinen Freunden das Boot anfang Oktober nach Gibraltar zurücksegeln. Es ist spürbar, dass sich ein Wetterwechsel ankündigt, hoffentlich ist der Wind für die nächste Strecke günstig und ausreichend stabil.

Altea

Nach Altea,

Der Himmel ist bedeckt, feucht warm, aber der Himmel novemberlich grau. Die Spätsaison ist eingeläutet, die paar Schritte zur Kirche hoch lassen uns japsen, unsere klatschnassen Polos fordern unsere Akzeptanz von Transpiration voll heraus. Während der Saisonabschluss in Ibiza in den Zeitungen euphorisch war (10% Wachstum !) ist man hier eher realistisch: Es waren genug Leute da, aber sie sind nicht so viel ausgegangen..Voller Verblüffung stellen wir fest, dass der Ort umd die Kirche herum nette Gässchen mit netten Restaurants hat, wir bekommen sogar noch auf den letzten Metern die Mitbringsel für die Kinder, alles besser als erwartet. UND: es ist der erste Ort, an dem keine Disko am Hafen ist seit Alicante, es gelingt uns, mit ein bisschen Wind himmlisch zu schlafen.

Denia

Denia

Wieder einmal liegt der Wetterbericht daneben, zwei drittel Gegenanmotoren, aber ich sehe meine ersten fliegenden Fische: erst ein Knistern über dem Wasser, ein leichtes Zischen und eine Art Libelle hebt sich aus dem Wasser, foilt dreissig, vierzig Meter über die Wellenkämme und verschmilzt dann wieder mit den Wellen. Die Wendys aus Peter Pan haben ein reales Vorbild.

Die Stadt ist ein Ferienort, wie er für die Valenzianer und vielleicht auch Alicantaner (?) gut erreichbar ist, 80 km entfernt. Man könnte es als ausgelagerte Resturantmeile betrachten, es gibt schöne Tavernen und edle Restaurants. Auf dem Weg zum Kastell kommen wir unter Kiefern vorbei, Zikaden lassen eine Klanginstallation vermuten, man geht in eine Wolke elektrischen Sirrens hinein.

In dieser Region scheint es zum Bootsvergnügen dazuzugehören, abends aus dem Motorboot in die Disco zu gehen, auch hier ist am Hafen eine Freiluftdisco. Am Nachmittag hatten ein paar Jungs einen Soundcheck gemacht, ich bin immer wieder fasziniert von den Melodiefetzen, die dann angespielt werden, aus allen Gattungen geklaut, grade mal die coolen Riffs oder Signature breaks. Aber sie treten nachher gar nicht auf. In der nächtlichen Hitze kann ich nicht schlafen und lange verteufele ich diese DJ-Apps, mit denen jeder Titel mit einer separaten Humptata- Rhythmuslinie unterlegt wird, damit der Tanzbär ja nicht an einem Rhythmuswechsel scheitert. Selbst Nirvana wird nicht verschont, sind sie denn verrückt geworden, Celesta dazuzumixen??

Nördlich vom Hafen kann man schön schwimmen, mit Schnorchel schwebt man über dem Seegras und weidet die Augen an ihrem Schwingen. Nächstes Leben werde ich Wal.

Valencia

Überfahrt nach Valencia

Der Wind schläft ein, wir brauchen fast doppelt so lange und sind todmüde, als wir ankommen. Valencia ist ein riesiger Hafen, seine Beleuchtung auf einem Hafenhochhaus sieht nachts aus wie eine Architektur aus Bladerunner, das Klima ist auch das des urban malaiischen Sprawl, der für diese dystopischen Situationen die obligatorische Folie bildet. Zumindest die schwüle Hitze bleibt uns auch die nächsten Tage erhalten, wie auch wieder nächtliche Disko Musik.

Nach dem Ausruhen auf dem Warteponton ist die Welt schon wieder zurechtgerückt: Valencia ist prächtig, viel schöner als ich erwartet hatte: breite Boulevards, eine riesige Grünanlage, die den alten Flusslauf den Bürgern zur Verfügung stellt, eine selbstbewusste, stolze Altstadt mit prächtiger Markthalle, reichbemalten Kirchen und Institutionen wie dem Wassergericht, die von dem Bewußtsein zeugen, dass man das Wasser nur gemeinsam nutzen kann, nicht besitzen kann.

Die Überreste der Formel 1 Strecke sind noch erkennbar, ein Teilstück führte bis 2017 durch den Hafen- so mancher junge Motorradfahrer stellt sich nachts vor, einmal Rennfahrer zu werden und übt, es gibt gradezu Virtuosen, die das Geräusch ihrer Maschine wie ein Instrument modulieren, lange immer wieder rhytmisch bremsen, dann den Motor in langen Linien jubeln lassen.

Nachdem der Turia eine verheerende Überschwemmung in der Stadt angerichtet hatte, wurde er an der Stadt vorbeigeleitet und mündest nun unterhalb der Stadt in einem großen Schwemmland ins Meer. Ein Teil der Fläche wurde für ein megalomanisches Ensemble von Calatrava-Bauten genutzt, Ozeaneum, Caixa Forum, Musik/Theater Veranstaltungsgelände, Gerichtsstadt. Die Bauten haben biomorph anmutende Trägerstrukturen, weiß lackiert, fast könnte man meinen, die Häuser hätten sich in Gerippe eingenistet. In jedem Fall ist es ein mutiger Schritt, ein solches Ensemble umsetzen. Aktuell wurden Skulturen von Igor Mitoray auf den Wasserflächen ausgestellt, riesige klassisch anmutende fragmentierte Krieger, Arno Breker lässt grüßen

Wir planen immer wieder Museumsbesuche (Seidenmuseum, Museum der Schönen Künste, Zeitgenössische Kunst und das Karmeliterkloster mit aktuellen Werken, nicht zuletzt weil sie klimatisiert sind. Im Halbdunkel des Museums sind die kunstvollen Brokatstoffe übertrieben grün, azur oder kaisergelb, später, im harten Sonnenlicht können sie grade gegenhalten und sind wunderschön. Im IVAM wird Juan Gonzales aus der klassischen Moderne als Hauskünstler ausgestellt, eine Entdeckung für mich sein Weg von Blechschnitten zu Skultpuren.

Ibiza

Vor Cabo Nao war die See etwa ruckelig, aber dann biegen wir ab in Richtung Ibiza und es beginnt der schöne Teil der Überfahrt: Der Abend ist etwas dunstig und der Anbruch der Nacht zelebriert ein zart verschwebendes Farbspiel von helltürkis zu purpur, wie auf durchsichtigem Transparentpapier, Bergkulisse in schattengrau bis staubgrau, eine feine Mondsichel. Es ist sehr leichtes Segeln, eine nette Fahrt, kaum Welle, keine Fischer, wunderbare Sommernacht und so warm, dass man trotz des Segellüftchens keine lange Hose oder Jacke braucht. Wir legen im Kommunalhafen von San Antoni an, auf der Nordwestseite der Insel.

Ein kleines Nickerchen und dann auf in die Stadt: der erste Eindruck ist von überwältigender Brighton-Trostlosigkeit, English Pub an Irish Pub, Ramsch, Sandwichbuden und überall der Ticketverkauf für die Diskotheken. Ein pinkfarbenes Fahrgeschäft, abblätternde Leuchtreklame. Junge Leute in Disk-Uniform: Bikini plus Häkelkleid bzw Shorts und Tattoo-Oberkörper, manch einer sieht aus wie ein bemaltes Schulmäppchen. Man spürt so ein Jagdfieber, Lust und Dringlichkeit,

Tags drauf fahren wir nach Ibiza Stadt, dort ist Kreuzfahrer Eleganz, überschüssiges Kapital und alte Arabergeschichte, nette kleine Häuschen. Ibizenkische Szenen sind erahnter, aber eigentlich auch eher im kollektiven Gedächtnis als real präsentiert. Abends verbringen wir in San Antoni auf der Strandpromemenade Poniente del Sol- so wie alle anderen: Auf der Hundewiese und Car Park Brache stehen Leute mit Bierflaschen in der Hand, auf den Felsen kuscheln frischgefundene Pärchen, in den Restaurants und Bars tummeln sich diejenigen, die einen Diskoabend noch vor sich haben. Im Café del Mar wird sehr elegante Ambient Music aus Hochleistungslautsprechern kuratiert, es ist eine kühle, weite Ohrenlandschaft, die den Sonnenuntergang filmfähig untermalt, die murmelbunten großen runden Cocktailgläser schimmern und wir haben unseren Ibiza Moment.

Am Samstag ist in Las Dahlias Hippiemarkt, angeblich möglicherweise mit echten Hippies!, Überbleibseln der Kommune, die sich als Vietnam-Draft Flüchtlinge in den 70 er Jahren hier gebildet hatte. Viele Container aus Goa müssen jede Woche kommen, um die indischen Fummel hierherzuschaffen, hier und da gebastelte Taschen, Schmuck oder Tücher. Ein großer Markt, mit Gedränge aller, die noch einen Abglanz des Alternativlebens suchen. Alle Spielarten der Kleidungsassimilation finden sich: die Mädels mit dem ersten Indischen Top, die Neuankömmlinge, dann die Frauen, die schon ein ganzes Kleid übergeworfen haben, vielleicht beginnt so der Tanz und der verlorene Flip Flop wird vom Märchenprinz mit Tattoo zurückgebracht und schließlich die Habitues, die ein sorgfältig ausgewähltes Ibiza Outfit präsentieren, Sandalen mit Indianerfransen, Flatterkleid, Gürtel mit Gardinentroddeln und indischen Radjastanpaillettentaschen. Erster Regen seit Monaten, aber es sind nur 10 Minuten, zu wenig für Abkühlung.

Auf dem Heimweg sehen wir einen Jungen in einer Bar seine Erlebnisse aufschreiben. Er hat nur ein Blatt Papier vor sich, aber viele Erlebnisse, das Blatt ist mehrfach übereinander beschrieben, ein Psalimpsest seiner Dance Trance, geschwungene Kringellinien, sie könnten auch einfach die irrlichternden Paisleymuster der Kleiderstoffe sein, die sich tanzend in seine Linien einzeichnen.

Abends können wir noch beobachten, wie die Römer aus einer LARP-Veranstaltung zum Reenactment der Römischen Besiedlung den Abend nach der Veranstaltung bei Grillspeise und Tanz beenden, Ibiza-konform wird Rock n´Roll im Gladiatorenkostüm/mit Glitzertoga getanzt. Auch die alten Römer wussten sich zu vergnügen.

Am letzten Tag fahren wir noch zur Cala Salgada mit dem Bus, der uns an den PKW-Straßensperren bis fast hinunter zum Strand bringt. Herrlich klares Wasser, dunkel über den Posidonia Wiesen, türkis über dem Sand, es wird peinlich darauf geachtet, dass das Ankerverbot eingehalten wird, um das Seegras zu schützen. Der Strand ist auch am nachmittag noch vollständig unvermüllt, sensationell diszipliniert alle. Die Villen sind unter Bäumen versteckt, man kann sich der Illusion hingeben, in einer abgelegenen Bucht zu befinden.