Exkursionen

Diese Woche war das Wetter noch einmal schön und wir haben drei Ausflugstage geplant: mit dem Bus nach Vitoria-Gasteiz, von dort nach Burgos und schließlich über Pamplona zurück, man könnte fast von amerikanischer Durchorganisiertheit sprechen. Vitoria hat die Verwaltung des Baskenlands gewonnen und damit einen Entwicklungsschub gemacht. Plaza Independencia, Plaza Nueva mit Arkaden, Plaza de Machete- prächtige städtische Räume zum Flanieren, Promenieren, Schwatzen, Spielen. Am Jakobsweg gelegen natürlich eine prächtige große Kirche, drum herum kleine Gässchen, klar noch nicht renoviert also vermutlich klein, dunkel, einfache Sanitäranlagen: Man hört arabisch, wir blicken in eine Turnhalle, in der sehr diszipliniert trainiert wird (ein Mädchen mit Hijab und langen Hosen spielt mit, eine junge Frau mit krusseligen Rastalocken verteilt gelbe Westen für die Mannschaftsaufteilung: hier ist der Sport der Integrationsplatz, ein paar dunkel alternative Kneipen, ein Spanisch- Sprachlernzentrum, spannend, wie hier Quartierentwicklung betrieben wird. Am Ende finden wir im Neubaubereich eine schöne Tapas-Kneipe mit leckeren Pulpo und Käserätionen. Fantastisch, was für Wein man bekommt. Das Museum für neue Kunst zeigt eindrucksvoll, wie in der Nach-Franco-Zeit die Region die Spielraume für Kunst gesucht hat und durch Vernetzung, Aufbau von Gemeinschaftsateliers und Mikro-Galerien neue Wege entwickelt hat, mit vielfältigen Verbindungen nach Lateinamerika, klarem Blick auf die Verhältnisse auslotend, was man zeigen kann.

Vitoria ist stolz auf seinen Grüngürtel und seine Straßenbahn (unsere Bilbao- Karte gilt auch hier) und Radwege-Infrastruktur, manchmal habe ich das Gefühl, dass sich das Neue vom Rande her entwickelt. Ich habe das Gefühl, dass man voller Stolz auf die Freiheiten der Autonomen Regionen hier die Entscheidungen schnell fällt und nach vorne schaut.

Burgos ist schon ein Bundesland weiter, liegt in Asturien, und hat eine sehr sehr prächtige Kathedrale, man sieht auch einzelne Personen eintreten, knicksen, sich bekreuzigen und beten. Uns gefallen die Flussauen, von Schattenbäumen und Springbrunnen flankiert, man spürt, wie hier der Stadtraum auf das abendliche Genießen des Abklingens der Tageshitze hin gestaltet wurde. Burgos liegt in Mitten einer kargen, menschenarmen Gegend, ich konnte nicht sehen, ob hier die sinnreichen Bewässerungsinfrastrukturen der Araber noch funktionieren. Da in Glasgow Klimakonferenz ist, wird im Fernsehen eine Simulation gezeigt, mit welchen tiefroten Temperaturen Zentralspanien zu rechnen hat, wenn die Klimaziele verfehlt werden.

Eine Menge von (Privat) Schulen, Schuluniformen, katholisch, in der Zeitung wurde von einer Demonstration berichtet, die fordert, öffentliche Schulen zu stärken- die Privatschulen wären ja recht unkontrolliert was Lehrinhalte betrifft und damit nicht vergleichbar.

Den Hemingway-Moment („Man kommt aus den regnerischen, grünen Pyrenäen nach Pamplona herein, Hitze, Trockenheit, Enge, billiger Wein, mutige Kerle“) hat sich bei mir nicht so richtig eingestellt, man merkt der Stadt an, dass sie durch die San Firmin-Tage mit ihren Stierläufen nicht nur die bildungsbeflissenen Pilgertouristen anzieht, sondern noch einmal eine weitere Zielgruppe anspricht und so einen weiteren Schub hat – ob es allerdings ein probates Mittel ist, einmal im Jahr ein paar Kerle in Lebensgefahr zu bringen, womöglich zu opfern, um die Schaulustigen anzuziehen? Na ja. Beim Blick in die Bäckereien zeigt sich, dass schon ein paar Jahrhunderte Zugehörigkeit zu Frankreich zu schönen Törtchen geführt haben, ich bin versucht, mich einfach iin eine der Schlangen einzureihen, egal was es dort gibt, wird schon gut sein..

Wir haben nun schon so viele Kirchen vom Jakobsweg gesehen, bestimmt 10%- sind wir jetzt schon 10% bessere Menschen? Jürgen sagte dazu ganz lapidar, dass wir ja noch keine Weltumseglung hinter uns haben mit langen einsamen Ozeankreuzungen, Albatrossen, Walen und Pinguinen. Immerhin haben wir Delfine gesehen, grade gestern habe ich mal wieder einen Eisvogel blau blitzen sehen, ein Moment, der einem grauen Tag auf einmal ein blitzblaues Stück Glück gibt.

Ich denke, dass Pilgerreisen eher weniger Konversionen als Risiko und Nebenwirkungen haben. Ob man Mitte und Ziel findet, mag an anderen Dingen liegen.

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