Muxia/Mugia-Santiago do Campostela

Muxia (Mugia)

Fast die Hälfte der Strecke von A Coruna können wir gut segeln, leider liegt die Küsten meistenteils im Dunst, aber man könnte sich vorstellen, dass dahinter Cornwall liegt.

Die Marina ist gut geschützt durch neue Molen, die Stege neu. Die Sanitäranlagen haben einen distressed look, wir fragen uns, ob es absichtlich ist um Surfer-Atmosphäre aufkommen zu lassen oder ob es einfach noch nicht fertig ist. Ein Boot mit irischem Namen ist das Basislager eines Tauchers, das Wasser selbst im Hafenbecken ist unglaublich klar, aber 13°- und die Luft ist nicht wärmer. Ein abendlicher Gang durch das Örtchen lässt de Chirico-Gefühle aufkommen, leere Gassen, verwinkelte Häuser, keine Blickachsen, kein Licht in den Fenstern, kein Rauch aus dem (seltenen) Schornsteinen. Lands End, obwohl wir noch nicht an Finis terrae sind. Am nächsten Morgen gehen wir zur Kapelle, die Kilometer 0 des galizischen Teil des Jakobswegs markiert, das Meer ist bewegt, ein Pilger bittet mich um ein Photo und erzählt, dass er dann nach Fisterre wandert und dort alle Sünden ins Meer verschwinden. Bei dem blankgewehten und saubergeregneten Himmel werden sie bestimmt blitzschnell verschwinden. Schöne Vorstellung, erklärt auch die große Anzahl der Herbergen, die wir sehen, und in der Bar am Vormittag sitzen schon ein versprengte Pilger mit festem Schukwerk Rucksäcke zwischen den Füßen und Outdoorjacken. Der Ort könnte als aktuelle Version eines Dorfes gelten, in dem es genau das gibt, was man für den Inbegriff des Dorfes braucht: Schenke, Kaufmann, Metzger, Fischhändler, Wirt, eine reinigende Schlichtheit am Ende eines langen Weges. Vielleicht könnte der Eindruck auch kippen: die Schule ist ein Betonhof, ein, zwei Gassen sehen aus wie verunglückte Nachbauten eines englischen Reihenhausprospektes, in der Tür wird getrascht, ein Pensionistenheim, verbitterte Alte laufen einsam um den Hafen, im Hafen ein paar kauzige Drop-outs?

Wir können uns ein Auto mieten und fahren nach Santiago de Compostela, es ist klar und bitter kalt, das Licht fällt scharf an den Granitskulpturen herab, die Kathedrale hat prächtigste filigrane Gitter und Balustraden aus dem harten Stein, innen im Altarraum ein barocker goldener Weinberg als Struktur für riesige Baldachinträger, eine große Maschine zum Schwenken eines Weihrauchfasses. Ein beeindruckender wuchtiger Bau, umgeben von Klöstern und Kirchen aller wichtigen Orden, es ergibt sich eine dichte Altstadt, hohe steinerne Wände, manchmal ein wenig abweisend, ein sehr effektiver Wallfahrtsbetrieb. Der große Markt in seiner soliden Markthalle ist voll mit allem, was Spanien an schönem Obst bietet. Draußen vor der Stadt sehen wir das moderne Kulturzentrum, ich vermute, dass dort auch die Besucherbusse parken.

Eigentlich wollten wir dann als nächstes Fisterre anfahren, aber in dem Gewirr kleinster Strassen, die rauf und runter gehen, verlieren wir uns etwas. Einmal, uns hat es nach weit oben geführt, sehen wir die Halbinsel Fisterre und daneben blauschimmernde Buchten. Wir sehen uralte Brücken, unzählige Horreros (Getreidespeicher, die auf Stelzen stehen, vorne auf dem Giebel ein Kreuz, aber man kann ja nicht wissen, daher hinten eine heidnische Pyramide). Der Wald ist Nutzwald, häufig Eukalyptusplantagen der unterschiedlichsten Jahrgänge, Schneisen zur Waldbrandbekämpfung, Windräder und mitten im Nirvana eine Hüttenanlage für Legierungen. Ganz alte Feldsteinhäuser und Steinmauern, wie in Irland, neuere schlichte Bauten mit bunten Fassaden, auch in kleinen Dörfern fünfstöckige Wohnblocks, so mancher gescheiterter Immobilientraum. Immer wieder wunderbar weite Blicke, immer wieder unglaublich schöne Buchten – Schnorcheln muss hier ein Traum sein, wenn nur das Wasser nicht soooo kalt wäre.

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